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Zeit zu handeln

2016-03-02 Zeit zu Handeln+++ Positionspapier der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag +++ Vorschläge und Forderungen  +++

„Wir brauchen in unserem Land ein Zeichen, dass jetzt Schluss sein muss. Schluss mit Rassismus, Menschenfeindlichkeit, Demokratieverachtung und Intoleranz. Wir setzen durch unser Handeln wie durch unser Nichthandeln Zeichen. In diesen Tagen stehen wir in der Verantwortung unmissverständliche Zeichen zu setzen, dass wir Demokratieverachtung und Intoleranz nicht dulden. Meine Fraktion stellt sich dieser Verantwortung und den Herausforderungen und hat zahlreiche Vorschläge erarbeitet“, so Dirk Panter, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag zum heute vorgestellten Positionspapier „Zeit zu Handeln“.

Bereits in der Sondersitzung des Landtages am Montag hatte Dirk Panter deutlich gemacht, dass dem Reden Handeln folgen müsse und dass die Fraktion in den Bereichen ‚Starker Staat‘, ‚Integration‘, ‚Bildung‘ und ‚Zivilgesellschaft‘ konkrete Vorschläge unterbreiten wird. Diese wurden heute im Rahmen eines Pressegespräches im Landtag der Öffentlichkeit vorgestellt. In den vier Bereichen werden insgesamt 34 Maßnahmen benannt, die sich, so Panter, kurz- und mittelfristig umsetzen ließen: „Abwarten und Tee trinken ist keine Option. Unsere Vorschläge stehen jetzt zur Diskussion. Denn wir müssen handeln.“

Positionspapier zum Download als PDF-Datei

 

ZEIT ZU HANDELN

Stand: 02.03.2016

Kaum ein Tag und keine Woche vergehen, ohne dass in Sachsen Asylunterkünfte angezündet und Schutzsuchende, Helferinnen und Helfer oder Einsatzkräfte angegriffen werden. Das dulden wir nicht.

Sachsen ist ein Land, in dem Millionen Menschen friedlich und zufrieden miteinander leben wollen. Brennende Häuser und ein Mob, der Menschen einschüchtert, sind deshalb ein Angriff auf unser Zusammenleben. Rassismus, Menschenfeindlichkeit, Demokratieverachtung und Intoleranz sind ein gesamtgesellschaftliches Problem. Dies erschüttert uns zutiefst.

Wir brauchen in unserem Land ein Zeichen, dass jetzt Schluss sein muss. Schluss mit Rassismus, Menschenfeindlichkeit, Demokratieverachtung und Intoleranz.

Viele Sächsinnen und Sachsen, die sich in Willkommensbündnissen engagieren, setzen dieses Zeichen jeden Tag.

Viele Sächsinnen und Sachsen, die sich für ein friedliches Zusammenleben einsetzen, setzen dieses Zeichen jeden Tag.

Und viele Sächsinnen und Sachsen, die ihren eigenen Lebensalltag meistern, statt anderen das Leben schwer zu machen, setzen dieses Zeichen jeden Tag.

Sie sind das Fundament einer lebendigen Demokratie.

Wir, die wir politische Verantwortung tragen, setzen durch unser Handeln wie durch unser Nichthandeln Zeichen. In diesen Tagen stehen wir in der Verantwortung unmissverständliche Zeichen zu setzen, dass wir Demokratieverachtung und Intoleranz nicht dulden. Dass Rassismus und Menschenfeindlichkeit mit unseren Werten und unserer Rechtsordnung nicht vereinbar sind und strafrechtlich verfolgt werden.

Die SPD-Landtagsfraktion stellt sich den Herausforderungen. Die von ihr getragene Staatsregierung wird Zeichen setzen, die den Menschen die Unsicherheit nehmen und Mut machen.

Unser Staat ist handlungsfähig. Er gewährleistet Freiheit, Sicherheit und sozialen Frieden. Ein starker Staat darf keinen Sozialabbau betreiben. Er braucht eine starke, integrative, demokratische Gesellschaft, die ihn trägt.

Er braucht eine starke Basis, Bürgerinnen und Bürger, die unser Gesellschaftsystem nicht nur wertschätzen, sondern auch bereit sind, dies deutlich zu machen. Denen, die unser gesellschaftliches System abschaffen wollen, können wir mit Ausgrenzung und Verboten begegnen. Wirklich unbedeutend werden sie aber, wenn wirklich alle anderen deutlich machen, dass sie gerne in einer toleranten Demokratie leben und die für alle garantierten Freiheitsrechte zu schätzen wissen.

Diese Zeichen wollen wir für alle Sächsinnen und Sachsen setzen.

Zeichen zu setzen heißt: Reden und Handeln. Wir fordern Veränderungen und zwar in den folgenden Bereichen:

  1. Den Staat stärken – Staatsabbau beenden
  2. Integration endlich beginnen – Maßnahmenpaket verabschieden
  3. Bildung als Basis – Politische Bildung ausbauen
  4. Demokratische Gesellschaft unterstützen – Zivilgesellschaft stärken

Deshalb legen wir klare und konkrete Vorschläge in den genannten Bereichen vor, über die wir diskutieren werden. Dabei erheben wir keinen Anspruch auf Vollständigkeit und uns ist auch bewusst, dass man in einer Koalition nicht jede Idee durchsetzen kann. Wir sind offen für weitere Ideen. Wichtig ist uns:

Dem Reden muss ein Handeln folgen, das ist glaubwürdige Politik.

Unsere Vorschläge:

I. Den Staat stärken – Staatsabbau beenden

  • Unmissverständliche Durchsetzung des Gewaltmonopols des Staates
  • Klares Vorgehen gegen Bürgerwehren und Selbstjustiz
  • Aussetzung des Stellenabbaus in den Ministerien und nachgeordneten Behörden (Aussetzung aller „kw-Vermerke“) bis zum Beschluss eines aufgabenorientierten Personalentwicklungskonzepts im Freistaat Sachsen
  • Ende des Stellenabbaus bei der Landespolizei und zusätzliche Schaffung von 1.000 neuen Stellen, wie von der „Fachkommission Polizei“ vorgeschlagen
  • Im Zuge dessen Erhöhung der Ausbildungszahlen bei der Polizei von 400 auf 650 Anwärter pro Jahr und Modernisierung der Ausbildung mit stärkerem Blick auf neue gesellschaftliche Herausforderungen
  • Verstärkte Fortbildung in der sächsischen Polizei zu den Themen Deeskalation und Konfliktlösung, interkulturelle und kommunikative Kompetenz sowie gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
  • Besetzung aller derzeit unbesetzten „IT-Spezialisten“-Stellen bei der sächsischen Polizei für eine Sondereinheit „Hass im Internet“
  • Reform des Landesamtes für Verfassungsschutz. Beobachtung von sächsischen *GIDA-Bewegungen und Ähnlichem durch den Verfassungsschutz, umfassende und konsequente Verfolgung von Straftaten auf und im Umfeld von Demonstrationen
  • Ausreichende personelle Ausstattung der Justiz, um u.a. die Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften für „Straftaten gegen Asylunterkünfte und Asylbewerber“ zu ermöglichen
  • Ausbau des Bereiches der Staatsministerin für Gleichstellung und Integration zu einer handlungsfähigen Behörde mit gebündelten Kompetenzen

II. Integration endlich beginnen – Maßnahmenpaket verabschieden

  • Umsetzung der vom Bund beschlossenen zentralen Registrierung und Beschleunigung der Verfahren sowie Feststellung vorhandener Qualifikationen damit Integration von Anfang an gelingen kann
  • Unmittelbare Verabschiedung und auskömmliche Ausstattung des Maßnahmenpakets Integration durch die Staatsregierung, Wichtig sind uns vor allem:
    • Ausweitung von Kursen zu Sprachförderung und Integration, zum Kompetenzerwerb und zur Feststellung beruflicher Qualifikationen für Geflüchtete
    • Schaffung hauptamtlicher kommunaler Integrationsbeauftragter und Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements durch hauptamtliche Koordination
  • Fortführung des Programms „Kommune im Dialog“ und Erweiterung um politische Bildungsangebote für Migrantinnen und Migranten
  • Erarbeitung und Verabschiedung eines sächsischen Integrationsgesetzes das Aufgaben und Ziele genauso wie Rechte und Pflichten beinhaltet

III. Bildung als Basis – politische Bildung ausbauen

  • Integration beginnt in der Kita – Qualifizierung und Unterstützung von ErzieherInnen im Umgang mit Interkulturalität
  • Überarbeitung der Lehrpläne aller Schularten, der Lehrerfortbildung und stärkere Orientierung der Wissensvermittlung an Anwendbarkeit und Lernkompetenz mit dem Ziel der Stärkung der ethischen, politischen und kulturellen Bildung
  • Qualifikation der Lehrkräfte im Umgang mit Interkulturalität sowie Unterstützung durch Muttersprachler
  • Einführung eines umfassenden Landesprogramms zur Schulsozialarbeit und Absicherung der Ganztagsangebote an allen Schulen im Freistaat Sachsen
  • Novellierung des Weiterbildungsgesetzes und Einführung des Rechts auf Bildungsfreistellung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
  • Offensive in der Erwachsenenbildung in den Bereichen politische Bildung, Medienkompetenz und kulturelle Bildung bspw. durch Institutionalisierung des Landesförderprogramms für Volkshochschulen sowie die stärkere Unterstützung von politischen Stiftungen
  • Deutlicher Ausbau der DAZ-Aus-/ und Weiterbildung an unseren Hochschulen und Erhalt der Vorbereitungskurse an Berufsschulzentren
  • Errichtung eines Zentrums für Integrationsforschung
  • Wir unterstützen ausdrücklich die vom SMWK unterstützte Initiative der Forschungseinrichtungen für Praktika, Ausbildung und Beschäftigung von Geflüchteten

IV. Demokratische Gesellschaft unterstützen – Zivilgesellschaft stärken

  • Kurzfristige Erhöhung der Fördermittel im Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen“ schon in diesem Jahr, Stärkung der eigenen Aktivitäten des Landesprogramms und Bündelung des gesamten Engagements von Freistaat und Bund an einer Stelle
  • Überführung von 50 Prozent der Landesförderprogramme in den Bereichen Demokratie, politische und kulturelle Bildung in eine verlässliche, nachhaltige und institutionelle Förderung
  • Unterstützung zivilgesellschaftlicher Multiplikatoren und Multiplikatorinnen in Vereinen, Kirchen, Feuerwehren, Sport, etc. durch eine eigene Landesinitiative
  • Stärkung der Kommunen im Freistaat Sachsen durch erhöhte pauschale Zuweisungen für die Erledigung sogenannter freiwilliger Aufgaben wie Sport, Kultur, Soziales oder Heimatpflege
  • Stärkung der Kinder- und Jugendarbeit zur Prävention, insbesondere im ländlichen Raum
  • Ausbau der internationalen Jugendarbeit und des Jugendaustausches
  • Entkriminalisierung von antirassistischem Engagement und ideelle Unterstützung von Willkommensbündnissen und Initiativen gegen Fremdenfeindlichkeit
  • Beteiligungsprozesse wie es sie im Wissenschafts- und Kunstministerium schon seit Jahren gibt und sie aktuell im Kultusministerium zur Novellierung des Schulgesetzes durchgeführt werden sind zukünftig beispielgebend für die Arbeit der Staatsregierung
  • Einstellung der Kampagne „So geht sächsisch“, Neukonzipierung auf Basis der vorzulegenden Ergebnisse des „Sachsen-Monitors“

Die Gesellschaft wieder zusammenführen

Unser Ziel ist es, die fortschreitende Spaltung der sächsischen Gesellschaft zu überwinden. Denn unser Land spaltet sich: nicht nur sozial, auch mental. Es spaltet sich zwischen Gewinnern und Verlieren oder auch zwischen Menschen, die sich stark mit Sachsen identifizieren und jenen, die das gesellschaftliche Klima von ihrem Land entfremdet.

Ein Sachsen, das auf einem spaltenden Weg ist, wollen wir nicht. Wir wollen eine Kurskorrektur. Es muss sich jetzt etwas ändern in unserem Freistaat, damit wir eine Zukunft für alle Menschen in Sachsen gestalten können. Wir sehen unsere Verantwortung darin, Politik nahbar und verständlich für die Menschen in Sachsen zu gestalten. Die aktuelle Lage zeigt, dass uns das in der Vergangenheit nicht so gut gelungen ist, wie es nötig gewesen wäre.

Wir werden unser Handeln selbst immer wieder darauf prüfen, ob es zu einer Stärkung des Zusammenhalts in unserem Land beiträgt, ob es Bildung, Integration, Gerechtigkeit und Solidarität ausreichend fördert. Wir wollen unsere Gesellschaft wieder zusammenführen.

Jetzt ist Zeit zu Handeln!